Irrtümer im Weinglas: Wir klären die Mythen der Walliser Weine für ein und alle mal auf!
Die Welt des Weins ist ein Universum voller Entdeckungen, Überraschungen und Geschichten. Egal ob im Weinbau, im Handel oder bei der Degustation – es gibt immer Neues zu lernen. Für Weinliebhaber*innen ist der Weg der Entdeckung unendlich, sei es durch das Erforschen neuer Rebsorten und Geschmacksrichtungen oder durch ein tieferes Verständnis der Kunst der Weinherstellung. Jede*r geht diesen Weg auf ganz eigene Weise: Einige tauchen tief in die Weinwelten ein und teilen begeistert ihre neuesten Erkenntnisse mit Freunden, andere erkunden die Vielfalt, Schluck für Schluck, wiederum andere bleiben ihren bewährten Favoriten treu. Es gibt kein richtig oder falsch – nur den eigenen Genuss.
Doch trotz aller Neugier und Offenheit halten sich hartnäckig Mythen rund um das Thema Wein. Am Restauranttisch mit Freunden hört man oft “vermeintliche” Fakten und Halbwahrheiten. In diesem Blog entlarven wir genau diese Mythen. So sind Sie bestens gewappnet, um bei der nächsten Verkostung souverän aufzutreten oder mit überraschendem Wissen im Freundeskreis zu punkten.
Mythos 1: Drehverschlüsse sind schlechter als Korken
Mythos: Oft wird Wein mit Drehverschluss als Billigwein oder als Wein von geringerer Qualität angesehen. Doch spiegelt dieser Gedanke tatsächlich die Realität wider? Sind Weine mit Drehverschluss minderwertiger als solche mit Korken?
Antwort: Stimmt nicht.
Fakt: Tatsächlich gibt es keine einfache Antwort auf diese Frage, da die Wahl zwischen Korken und Drehverschluss von mehreren Faktoren abhängt – insbesondere vom Wein selbst und seinem geplanten Lebenszyklus. Für Weine, die jung getrunken werden sollen, erweist sich der Drehverschluss oft als die bessere Wahl. Er schützt den Wein zuverlässig vor dem sogenannten „Korkfehler“, einem Weinfehler, der bei Naturkorken auftritt und den Wein ungeniessbar machen kann. Ausserdem verhindert der Drehverschluss ungewollte Oxidation und hält den Wein länger frisch.
Ein weiterer Vorteil des Drehverschlusses liegt in seiner praktischen Handhabung: Flaschen lassen sich mühelos öffnen, und wenn einmal nicht die ganze Flasche getrunken wird, kann sie problemlos wieder verschlossen werden. Das macht ihn gerade für den alltäglichen Genuss ideal.
Wichtig ist zu verstehen, dass die Qualität eines Weins nicht vom Verschluss abhängt. Viele renommierte Weingüter nutzen Drehverschlüsse, vor allem bei Weissweinen und leichten Rotweinen, die für einen schnellen Konsum gedacht sind. In diesen Fällen bietet der Drehverschluss eine konstante Qualität und absolute Frische. Bei Weinen, die über Jahre hinweg reifen sollen, kann Kork die bessere Wahl sein, da er dem Wein eine minimale Menge Sauerstoff zuführt, die den Reifungsprozess unterstützt.
Mythos 2: Teurer Wein ist immer besser
Mythos: Viele glauben, dass der Preis eines Weins direkt mit seiner Qualität steigt. Doch ist dies wirklich so? Oder handelt es sich hier um einen cleveren Marketingtrick?
Antwort: Stimmt nicht.
Fakt: Der Preis eines Weins wird von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst, sodass eine direkte Verbindung zwischen Preis und Qualität nicht immer zutrifft. Neben dem Herstellungsverfahren spielen auch Marketing, Produktionsmenge, Nachfrage und das Ansehen der Weinregion eine wichtige Rolle bei der Preisgestaltung.
Im Wallis, zum Beispiel, ist es vor allem der hohe Arbeitsaufwand, der die Preise gegenüber günstigeren Weinen aus dem Ausland höher erscheinen lässt. Die steilen Terrassenlagen und das unebene Terrain erfordern grösstenteils Handarbeit, da maschineller Einsatz oft nicht möglich ist. Diese traditionelle, mühevolle Bewirtschaftung verleiht den Walliser Weinen jedoch einen unverwechselbaren Charakter. Ihre Einzigartigkeit und die Sorgfalt in der Herstellung tragen wesentlich zu ihrer Qualität bei – sie sind nicht nur teurer, sondern auch Ausdruck von Handwerkskunst und Tradition.
Das bedeutet jedoch nicht, dass günstige Weine schlechter oder teure Weine immer besser sind. Es gibt in allen Preiskategorien herausragende Weine. Um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu finden, führt kein Weg daran vorbei, sich durch die vielfältige Weinwelt zu probieren und den eigenen Favoriten zu entdecken. Letztlich zählt der persönliche Geschmack – und der lässt sich nicht allein am Preis festmachen.
Mythos 3: Wein wird mit dem Alter immer besser
Mythos: Es hält sich hartnäckig der Glaube, dass Weine mit zunehmendem Alter automatisch besser werden. Viele Menschen verbinden alte Jahrgänge mit besonderer Qualität und gehen davon aus, dass ein älterer Wein immer einem jüngeren überlegen ist. Doch stimmt das wirklich?
Antwort: Stimmt nicht ganz.
Fakt: Tatsächlich sind viele Weine – darunter auch ein Grossteil der Walliser Weine – darauf ausgelegt, jung getrunken zu werden. Nur ein kleiner Anteil der Weine ist für eine lange Lagerung und Reifung bestimmt. Insbesondere schwere, in Eichenfässern gereifte Weine profitieren von einer längeren Lagerzeit, doch selbst bei diesen Weinen ist es wichtig, den optimalen Reifezeitpunkt nicht zu überschreiten.
Die meisten Weine, hauptsächlich frische Weissweine oder leichte Rotweine, entfalten ihre besten Aromen innerhalb der ersten Jahre nach der Abfüllung. Sie leben von ihrer Fruchtigkeit, Frische und Lebendigkeit – Eigenschaften, die bei zu langer Lagerung verloren gehen können. Wird ein solcher Wein zu lange aufbewahrt, kann er unangenehme Aromen entwickeln und an Qualität einbüssen.
Das Entscheidende bei der Weinlagerung ist also, den Reifeprozess des jeweiligen Weins zu verstehen. Während einige Weine von einer mehrjährigen Reifung im Keller profitieren, sollten andere rechtzeitig genossen werden, um ihre Frische und Leichtigkeit voll auszukosten. Sich über den idealen Trinkzeitpunkt und die Lagerfähigkeit eines Weins zu informieren, ist der Schlüssel, um das Beste aus jeder Flasche herauszuholen.
Mythos 4: Je dunkler der Rotwein, desto hochwertiger ist er
Mythos: Es wird oft angenommen, dass ein tief dunkelroter Wein automatisch von höherer Qualität ist als ein hellerer Rotwein.
Antwort: Stimmt nicht.
Fakt: Die Farbe eines Weins und deren Intensität ist stark von der Traubensorte und dem Herstellungsprozess abhängig und sind daher kein verlässlicher Indikator für die Qualität eines Weins. Dunklere Weine entstehen häufig durch eine längere Maischung, also den Kontakt zwischen Traubensaft und Traubenschalen, aus denen der Wein seine Farbe erhält.
Zudem bestimmen die verwendeten Traubensorten massgeblich die Farbe des Weins. Lichtere Weine wie Pinot Noir oder Gamay weisen eine hellere Farbe auf, während Traubensorten wie Cornalin in der Regel ein tiefes, dunkles Rot präsentieren.
Die Qualität und der Geschmack eines Weins hängen vielmehr von der Balance der Aromen, der Struktur und der Sorgfalt bei der Herstellung ab. Letztendlich spielt jedoch auch der persönliche Geschmack eine entscheidende Rolle dabei, ob ein Wein als „besser“ oder „schlechter“ empfunden wird.
Mythos 5: Billige Weine führen eher zu Kopfschmerzen als teure Weine
Mythos: Der Morgen nach einem intensiveren Weingenuss bricht ein und starke Kopfschmerzen treten auf. In diesem Szenario fällt sehr oft die Aussage, dass billiger Wein daran schuld sei. Doch entspricht dies der Wahrheit?
Antwort: Stimmt nicht.
Fakt: Obwohl dies bei hochprozentigen Alkoholen der Fall sein kann, hat beim Wein tatsächlich die Qualität der Trauben nur einen minimalen Einfluss auf das Auftreten von Kopfschmerzen; viel entscheidender sind diverse andere Faktoren. Oft sind es insbesondere Sulfite, Histamine oder Zucker, die bei empfindlicheren Personen Kopfschmerzen auslösen können.
In den meisten Fällen sind es jedoch nicht die Weinsorte oder der Preis, die Kopfschmerzen verursachen, sondern die konsumierte Menge. Um Kopfschmerzen zu vermeiden, ist ein moderater Weinkonsum die effektivste Lösung. Leichter gesagt, als gemacht!
Mythos 6: Dôle ist eine Traubensorte
Mythos: Oft wird angenommen, dass es sich beim Dôle um eine Traubensorte handelt. Doch ist dies tatsächlich der Fall?
Antwort: Stimmt nicht.
Fakt: Dôle ist keine eigenständige Rebsorte, sondern eine Cuvée, die hauptsächlich aus Pinot Noir und Gamay besteht. Um als Dôle klassifiziert zu werden, muss der Pinot Noir mindestens 51 % des Weinanteils ausmachen. Dôle ist also ein Verschnitt aus verschiedenen Traubensorten und keine einzelne Rebsorte.
©Christopher Förstel
Wir hoffen, wir konnten etwas Licht ins Dunkel bringen und einige Mythen für Sie entlarven. Doch eines sollte dabei nie in Vergessenheit geraten: Fakten sind nur ein Bruchteil dessen, was den wahren Weingenuss ausmacht.
Denn am Ende ist es unsere eigene Wahrheit – unsere persönliche Wahrnehmung – die den Wein für uns zum Leben erweckt. Es sind die Momente, die zählen: Das leise Knacken, wenn der Korken aus der Flasche gleitet, die Vorfreude, wenn der erste Tropfen ins Glas fällt, oder das feierliche Anstossen auf einen Neuanfang. Es ist die besondere Atmosphäre, die in der Luft liegt, wenn wir einen Tropfen mit den Menschen teilen, die uns wichtig sind.
In diesen Augenblicken sind Fakten oder Mythen nebensächlich. Der wahre Zauber des Weins liegt nicht in wissenschaftlichen Erklärungen, sondern in den unvergesslichen Momenten des Genusses, des Feierns und des gemeinsamen Erlebens. Denn genau dort – zwischen einem Schluck und dem nächsten – entfaltet sich die wahre Poesie des Walliser Weins.