Die Etiketten
Im bunten und vielfältigen Universum der Weine spielen Etiketten eine entscheidende Rolle und sind weit mehr als reine Informationsträger. Ein Weinetikett ist das Tor zur Weingeschichte, ist Ausdruck von Ursprung und Qualität und oftmals auch Spiegel der Seele des Weines. Vorliegender Artikel ist eine Einladung zur Erkundung der Welt der Weinetiketten. Ein faszinierendes Thema am Schnittpunkt zwischen Regulierung und Kreativität.
Was genau ist ein Etikett?
Die internationale Organisation für Rebe und Wein (OIV) definiert den Begriff Etikett wie folgt: «Blatt, Markierung, Bild oder sonstige Beschreibung, die in schriftlicher, gedruckter, geschliffener, aufgetragener, gravierter oder befestigter Form auf der Verpackung (dem Behälter) von Wein angebracht oder dieser beigefügt ist.»
Auf dem Etikett vorgeschriebene Angaben
1. Weinetikettierung weltweit
Zunächst geht es vor allem um das Verständnis dahingehend, dass die Etikettierung ein unverzichtbares Erfordernis für alle zum Verkauf angebotenen und in den Export gelangenden Weine darstellt. Wenngleich jedes Land seine eigenen Etikettierungsvorschriften festlegt, werden bestimmte Informationen üblicherweise auf der ganzen Welt gefordert. Zu diesen Informationen zählen der Name des Produzenten, das Anbaugebiet, der Alkoholgehalt und oftmals auch die Rebsorte und das Jahr der Weinlese bzw. der Jahrgang.
2. Etikettierung von Wein in der Schweiz
In der Schweiz basieren die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Produktion und den Vertrieb von Wein auf strengen Grundsätzen, anhand derer Produktursprung und Produktqualität gewährleistet werden sollen. Der Gesetzesrahmen wird insbesondere durch das System der kontrollierten Ursprungsbezeichnung (Appellation d’Origine Contrôlée, AOC) und jenes der Landweine (Vins de Pays, VDP) zum Schutz der Authentizität und der Einhaltung hoher Produktionsstandards definiert. Die Konsument:innen erhalten damit beim Weinkauf Garantien bezüglich der Echtheit des gekauften Erzeugnisses, die durch eindeutige Bezeichnungen auf dem Etikett kommuniziert werden.
Der Stellenwert dieser Hinweise wird auch in der Verordnung über den Rebbau und den Wein (VRW) unterstrichen und vor allem in Artikel 70 deutlich. Dieser Artikel schreibt vor, dass die Angabe «kontrollierte Ursprungsbezeichnung» oder das Akronym «AOC» obligatorisch und in ausgeschriebener Form auf dem Hauptetikett des Weins aufscheinen muss. Der Vermerk muss im Zusammenhang mit der Bezeichnung der Region, wie etwa Wallis, einer Gemeinde, eines spezifischen Anbaugebietes, eines Weinbergs, eines Schlosses, einer Domäne, einer eingetragenen Parzelle, eines Ortsnamens oder der traditionellen Bezeichnung des betreffenden Weines stehen. Gemäss Artikel 63 der Verordnung darf nur ein Wein, der zu 85 % aus einer bestimmten Gemeinde stammt, den Namen dieser Gemeinde als kontrollierte Ursprungsbezeichnung verwenden. Diese Regelung sorgt für mustergültige Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Schweizer Weine und stärkt das Vertrauen der Konsument:innen in Qualität und gesicherte Herkunft der Erzeugnisse ihrer Wahl.
Die Bezeichnung «Grand Cru» hat schliesslich eine Sonderstellung in der Welt der Schweizer Weine, und ganz besonders im Wallis. Diese Unterscheidung wird in Kapitel 11 der Verordnung über den Rebbau und den Wein (VRW) skizziert, in dem alle Kriterien genannt werden, die es zu erfüllen gilt, um diese Bezeichnung tragen zu dürfen. In diesen Kriterien bestimmt die Verordnung jene Rebsorten, denen die Bezeichnung Grand Cru vorbehalten ist, den erforderlichen natürlichen Mindestzuckergehalt der Trauben sowie die Quantitativen Ertragsgrenzen (QEG).
3. Verpflichtend für Schaumweine
Was die Schaumweine betrifft, so ist hier der Restzuckergehalt auf dem Etikett anzuführen, denn dieser spezifiziert 7 Schaumweinarten: brut nature, extra brut, brut, extra-trocken, trocken, halbtrocken, süss. Diese Information dient Schaumweinliebhaber:innen als Richtlinie bei der je nach geschmacklichen Vorlieben getroffenen Wahl.
Vielfältiges Grafikdesign
Das Etikett auf einer Weinflasche ist eine Visitenkarte. Sie liefert wichtige Informationen zum Inhalt, beschreibt und bewirbt. Die Entwicklung der grafischen Gestaltung der Etiketten stellt ein faszinierendes Kapitel der Weinbaugeschichte dar.
Die Palette reicht von klassisch schlicht bis modern und gewagt und dient den Winzer:innen als Ausdrucksplattform. Manche verwenden sogar Duftetiketten, die unterschiedliche Aromen, wie jene des Terroirs oder des Weins, verströmen. Vor allem arbeiten immer mehr Weinkellereien mit Flaschengravuren und benötigen deshalb keine Etiketten mehr. Diese kreative Vielfalt spiegelt sich auch in den Regalen der Weinhandlungen wider und erschliesst eine neue Dimension des Weinerlebnisses.
Etiketten als Sammelobjekte
Weinetiketten lassen auch so manches Sammlerherz höherschlagen. Önophile Etikettensammelnde halten Ausschau nach seltenen, alten oder künstlerisch herausragenden Exemplaren und erweitern so ihre Liebe zum Wein um eine kulturell-historische Komponente.
Einer dieser leidenschaftlichen Sammler ist Nikolaus Bodenmüller aus Visp. Seine aussergewöhnliche Kollektion von Weinetiketten ist eine wahre Fundgrube für Weinfreund:innen und Weinhistoriker:innen. In seiner Sammlung finden sich um die 400'000 Etiketten, von denen 101'308 aus dem Wallis stammen und der Mediathek Wallis in Sitten übergeben wurden. Durch das Sammeln der Exponate bewahrt Bodenmüller nicht allein die Geschichte des Weins, sondern illustriert auch die Entwicklung des Designs sowie den kulturellen Stellenwert des Weinanbaus. Seine Begeisterung und sein Engagement tragen zur Erweiterung des Weinwissens bei, wobei jedes einzelne Etikett ein Fenster in die Vergangenheit und die Weinbautraditionen der Welt öffnet.
Entwicklung des Etikettierungssystems
Die Entwicklung der Kennzeichnung von Weinbauerzeugnissen rund um den Globus ist geprägt vom stetigen technologischen Fortschritt und der Anpassung an die Markterfordernisse. Mit dem Aufkommen moderner Etikettiermaschinen wurden Präzision, Geschwindigkeit und Effizienz der Verfahren revolutioniert. Dank dieser Maschinen können nun verschiedenste Etiketten- und Flaschenformate bearbeitet werden. Dies führte zu einer bislang unerreichten Individualisierung und Qualität. Sie stellen sich nicht nur auf die regulatorischen Anforderungen des jeweiligen Landes ein, sondern sind auch eine Reaktion auf die wachsende Nachfrage der Konsument:innen nach detaillierteren Produktinformationen. Die Hersteller der innovativen Geräte statten diese zusehends mit neuen Funktionen aus, darunter auch das Drucken in Echtzeit, das den kompletten Weg vom Rebberg auf den Tisch nachverfolgbar macht. Der technologische Fortschritt im Bereich der Etikettierung von Weinbauerzeugnissen ist ein Paradebeispiel für die Massnahmen, welche die Branche zur Verbesserung der Kommunikation mit den Konsument:innen bei gleichzeitiger Optimierung der Herstellungs- und Vertriebsverfahren ergreift.
Die Zukunft des Etiketts
Seit 8. Dezember 2023 gelten in der EU neue Vorschriften hinsichtlich der auf Weinflaschen zu nennenden Informationen. Es geht um zwei zusätzliche, nachfolgend genannte Elemente, die es anzuführen gilt. Es wird empfohlen, diese in einen QR-Code zu integrieren. Die wenigen Cent an Mehrkosten können von den Endkund:innen getragen werden.
1. Zutatenliste
Dieser Trend in Richtung mehr Transparenz entspricht dem wachsenden Bedürfnis der Konsument:innen, die genau wissen möchten, was sie konsumieren. Die Erzeuger:innen haben deshalb alle Inhaltsstoffe in absteigender Reihenfolge aufzulisten.
2. Nährwertangaben
Diese Informationen werden in Form des Nutri-Scores oder als Tabelle (Anzahl der Kalorien, Fettgehalt sowie Menge an gesättigten Fettsäuren, Kohlehydraten, Zucker, Eiweiss, Natrium etc.) zur Verfügung gestellt.
Zusammenfassung
Ein Weinetikett ist keinesfalls ein simples Stück Papier, sondern ein wichtiger Informationsträger und ein Spiegelbild des kulturellen, künstlerischen und regulatorischen Wandels der Weinwelt. Es verhilft Weinfans und Weinfachleuten zu wertvollen Hinweisen, deren Verständnis uns jede Weinflasche in ihrer Gesamtheit würdigen lässt und den Weingenuss vollendet. Egal ob die Weinetiketten in Zukunft noch mehr Transparenz schaffen oder revolutionäre Designs aufweisen werden, eines ist gewiss: Die Leidenschaft für den Wein wird nie aus der Mode kommen.
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