Bio-Weinbau
In einer Welt, in der sich auch der Weinbau stetig wandelt, hat der biologische Ansatz sich gekonnt profiliert, indem er eine nachhaltige und umweltschonende Perspektive im Bereich des Rebbaus aufzeigt. Vorliegender Artikel behandelt die Vielfalt des biologischen Weinbaus, von seinen historischen Wurzeln bis hin zu unseren modernen Verfahren im Dienste der Förderung eines lebendigen Ökosystems, wobei konsequente Zertifizierungsverfahren die Unverfälschtheit und Qualität der Bioweine gewährleisten.
Geschichte des biologischen Weinbaus
Beim biologischen Weinanbau handelt es sich nicht um ein neues Konzept. Sein Ursprung geht auf einzelne Initiativen im frühen 20. Jahrhundert zurück. Damals begannen einige weitsichtige Pioniere den intensiven Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft zu hinterfragen. So richtig in Gang kam die Bio-Bewegung allerdings erst in den 1970er-Jahren, und zwar zeitgleich mit der Entstehung eines globalen Umweltbewusstseins. Die Biowinzer:innen gingen dazu über, im Rahmen ihrer landwirtschaftlichen Methoden die Naturkreisläufe zu berücksichtigen und damit Bodengesundheit und Biodiversität zu unterstützen.
Begünstigung des natürlichen Ökosystems in den Rebbergen
1. Begrünung
Die Begrünung ist eines der wesentlichen Elemente im biologischen Weinbau. Bei der Anwendung dieser Technik werden Gräser oder Kräuter zwischen den einzelnen Rebzeilen angepflanzt oder belassen, was sich positiv auf den Bodenwasserhaushalt, den Erosionsschutz und das Bodenmikrobiom auswirkt.
2. Natürliche Düngemittel
Die Verwendung von Kunstdüngern im Öko-Weinbau ist untersagt. Stattdessen kommen Kompost oder Naturdünger zum Einsatz, denn sie reichern den Boden an, ohne sein Gleichgewicht oder seine biologische Vielfalt zu beeinträchtigen.
3. Bodenbiodiversität
Im biologischen Weinbau stehen die Gesundheit und Vielfalt des Bodens absolut im Vordergrund. Biologische Verfahren zielen darauf ab, das Mass an Biodiversität auf den und rund um die Rebflächen möglichst hoch zu halten, indem man ein widerstandsfähiges Ökosystem herstellt, das über einen natürlichen Schutz gegen Schädlinge und Krankheiten verfügt.
4. Natürliche Behandlung gegen Krankheiten
Im Rahmen des kontinuierlichen Einsatzes umweltgerechter Praktiken hat die natürliche Behandlung gegen Krankheiten im Bio-Weinbau einen zentralen Stellenwert. Die Winzer:innen greifen hier nicht auf Pestizide und chemische Fungizide zurück, sondern entscheiden sich für natürliche und biologische Lösungen (Kupfer und Schwefel). Behandelt wird unter anderem mit Dekokten auf Pflanzenbasis, ätherischen Ölen und Mikrobenpräparaten. Sie alle machen die Reben resistenter gegen Krankheiten. Diese Herangehensweise begünstigt nicht allein die Pflanzengesundheit, sondern verstärkt auch den Schutz der umliegenden Ökosysteme, da Böden und Grundwasser nicht durch schädliche Chemikalien belastet werden.
Die Weinbereitung in der Kellerei
Obwohl die Bio-Zertifizierung ausschliesslich für den Weinberg erlangt werden kann, müssen beim Vertrieb von Bioweinen auch bei der Vinifikation in der Kellerei strenge Bioverfahren angewandt werden. Nur so können Kohärenz und ökologische Integrität vom Rebberg bis ins Glas sichergestellt werden. Wir werden uns daher mit diesem grundlegenden Aspekt befassen.
Bei diesem Produktionsstadium gelten die Grundsätze von Minimalismus und geringstmöglichem Eingreifen, damit Ursprünglichkeit und Unversehrtheit der Frucht maximal gewahrt bleiben. Bio-Winzer:innen bevorzugen sanfte und natürliche Methoden und arbeiten vorwiegend mit Gärprozessen, die durch die traubeneigene Hefe eingeleitet werden, anstatt mit Hefen aus dem Labor. Dank dieses Konzepts entstehen einzigartige, tief mit ihrem jeweiligen Terroir verwurzelte Weine. Sie bringen die Vielfältigkeit ihres Ursprungsmilieus vollumfänglich zum Ausdruck.
Bei der biologischen Weinherstellung wird die in der konventionellen Önologie häufig zwecks Stabilisierung des Weins angewendete Beigabe von Sulfiten streng überwacht. Ihre Verwendung ist zwar nicht vollständig verboten, jedoch erheblich reduziert. Deshalb müssen die Winzer:innen während der gesamten Vinifikation absolute Sorgfalt und Hygiene walten lassen, um für Weinqualität und Weinstabilität ohne chemische Zusätze zu sorgen.
Darüber hinaus verpflichten sich die Bio-Winzer:innen zur Nutzung energieeffizienter Verfahren und zur Minimierung der Umweltauswirkungen im Zuge der Weinbereitung in der Kellerei. Dazu zählen beispielsweise auch der Gebrauch von ökologischem Baumaterial zur Errichtung der Weinkeller, optimiertes Wasser- und Energiemanagement sowie das Recycling von Produktionsabfällen. All diese Massnahmen sind Teil einer ganzheitlichen Vision der Nachhaltigkeit und Rücksichtnahme auf unsere Ökosysteme.
Die Zertifizierung
1. Das Bio-Label mit der Knospe
Das EU-Bio-Label (auch Euro-Blatt) garantiert die Einhaltung strenger Öko-Standards entlang der gesamten Produktionskette. Dieses Gütesiegel ist ein Garant für Qualität und Rückverfolgbarkeit zugunsten aller Konsument:innen, die eine umweltverträgliche Landwirtschaft unterstützen möchten.
Das Schweizer Bio-Label und die Bio-Knospe sind die in der heimischen Bio-Landwirtschaft am weitesten verbreiteten Zertifizierungen, wobei man bei Letzterer strengere Kriterien erfüllen muss. Das im Jahr 1981 vom Verband Bio Suisse ins Leben gerufene Knospe-Label geniesst aufgrund seines gehobenen Anspruchs einen hervorragenden Ruf. Hier geht man über internationale Standards hinaus, indem die Weingüter vollständig im Biobetrieb arbeiten müssen. Zum Erhalt des Labels müssen mindestens 7 % der bewirtschafteten Fläche als ökologische Ausgleichsflächen (Weideland oder Hecken) gewidmet werden. Dies dient der Förderung der Biodiversität und der Verringerung des Bedarfs an Pestiziden und Kunstdüngern. Die Knospe-Winzer:innen greifen im Vergleich zu anderen europäischen Bio-Erzeuger:innen auch weniger auf Zusatzstoffe und Behandlungsverfahren zurück. Über 580 Winzer:innen bewirtschaften heute ihre Rebberge nach den Richtlinien des Knospe-Labels und bekunden damit ihr Engagement für nachhaltigen Weinbau. Der Bio-Anteil entspricht heute mit über 2'400 Hektar 18,5 % der landesweiten Rebfläche. Zum Vergleich: Die Grenze von 1'000 Hektar wurde 2017 überschritten. Zugleich vergibt die Marke Wallis Zertifizierungen für umweltbewussten und visionären Weinanbau. Hier wird sichergestellt, dass alle Produktionsverfahren vom Rebbau bis zur Flaschenabfüllung ausschliesslich im Wallis stattfinden.
Bio und biodynamisch sollten in diesem Zusammenhang nicht verwechselt werden. Diese beiden Ansätze haben zwar eine gemeinsame Grundlage, da es bei beiden um die Verpflichtung zu umweltfreundlichen Produktionsverfahren geht, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihren Prinzipien und Praktiken. Bio-zertifizierte Weinkellereien haben sich ganz dem von synthetisch-chemischen Produkten freien Weinbau verschrieben und legen den Fokus auf den Erhalt der Bodengesundheit und den Schutz der Biodiversität in der Umgebung. Sie verpflichten sich zur Beachtung strenger ökologischer Prinzipien zur Minimierung der schädigenden Auswirkungen auf das Ökosystem. Biodynamisch arbeitende Betriebe hingegen gehen noch weiter. Sie arbeiten mit Elementen, welche die Mond- und Planetenzyklen berücksichtigen, und verwenden zudem biodynamische Präparate zur Bodenverbesserung und zur Aktivierung des pflanzlichen Lebens. Dieser ganzheitliche Ansatz verfolgt nicht nur das Ziel eines nachhaltigen Weinanbaus, sondern möchte auch die Lebensenergie im Rebberg und in der Kellerei ausbalancieren und harmonisieren. Die Unterscheidungen zwischen den einzelnen Zertifizierungen spiegeln die unterschiedlichen Arten des Einsatzes und der Philosophie bei der Weinerzeugung wider. Während das Bio-Label eine Garantie für nach strengen Umweltschutzstandards erzeugte Weine liefert, attestiert die Zertifizierung für biologisch-dynamischen Anbau in Form des Demeter-Siegels eine noch tiefergehende, spirituell ausgerichtete Strategie bezüglich Weinbereitung und Rebbergsmanagement.
3 Jahre der Umstellung
Damit ein Rebstock ein Bio-Zertifikat erhält, muss er eine Umstellung durchmachen, die drei Jahre dauert. Während dieses Zeitraumes bringen die Winzer:innen biologische Verfahren zur Anwendung und werden regelmässigen Kontrollen unterzogen. Diese Phase ist zwingend erforderlich, um sicherzustellen, dass Boden und Reben vollständig von chemischen Rückständen befreit werden.
Zusammenfassung
Der biologische Weinbau ist weit mehr als eine einfache Anbaumethode; er verkörpert eine Philosophie zum Erhalt unserer Erde und ihrer Biodiversität. Anhand umweltfreundlicher Anbaumethoden und eines rigorosen Zertifizierungsprozesses strebt der Bio-Weinbau die Produktion besonders hochwertiger Weine an und garantiert künftigen Generationen damit eine tragfähige Zukunft. Auf Bio zu setzen heisst, sich für eine Zukunft zu entscheiden, in der Mensch und Natur in Harmonie miteinander gedeihen. Hat Sie dieser Artikel interessiert? Entdecken Sie unseren Artikel über die Weinlese.