Welcher Keller eignet sich zur Weinaufbewahrung?
Ob es uns gefällt oder nicht, heutzutage ist impulsives Konsumverhalten allgemein vorherrschend. Viele verbinden Wein mit augenblicklichem Genuss. Wein wird gekauft, um noch am selben Abend oder in den nachfolgenden Tagen getrunken zu werden. Die Vorstellung eines Reifekellers, der früher Bestandteil eines jeden Hauses war, scheint nach Ansicht der Verbraucher:innen heute offensichtlich ziemlich überholt.
Dieser Umstand trifft ebenso auf Hotellerie und Gastronomie zu. Auch hier fehlt oftmals ein passender Weinkeller bzw. kann mangels Liquidität kein Weinbestand angelegt und einer Reifung unterzogen werden.
Seien es nun Probleme im Zusammenhang mit der Liquidität, der architektonischen Gebäudegestaltung oder dem allgemein zu verzeichnenden Konsumrückgang - dieser Trend hat die Produktion jedenfalls grundlegend beeinflusst! Die Weingüter stellen nun selbst in Regionen, die sich ihre Reputation dank der ausgezeichneten Lagerfähigkeit ihrer Erzeugnisse erworben haben, Weine her, die bereits ab dem Kauf getrunken werden können und ihre Glanzzeit bereits nach 10 Jahren erreichen müssen.
Sind Weinlagerung und Weinreifung demnach vergangene Mythen? Weit gefehlt!
Die Weinwelt gestaltet sich ziemlich komplex und vielfältig. Auch heute noch gibt es Crus, deren Blüte beginnt, sobald sie auf den Markt kommen, und deren Qualität in der Folge zusehends abnimmt. Andere wiederum haben ihren Gipfel bei Markteintritt noch lange nicht erreicht und verdienen unsere Geduld …
Wie sollte man sich also rüsten, damit Ihr «Weinkeller» Ihrem Lebensstil und der Art der gewünschten Nutzung entspricht?
Beginnen wir bei den Arten von Weinkellern …
Der Naturkeller
Wenn man an die Aufbewahrung von Wein denkt, stellt man sich meist einen natürlichen oder traditionellen Keller vor. Diese Keller sind generell unterirdisch oder zur Hälfte vergraben, also aus dem Felsen gehauen. Der Wein profitiert so von optimalen Bedingungen in Form von thermischer Trägheit und konstantem Feuchtigkeitsgehalt. Die Temperaturen bleiben relativ niedrig und konstant zwischen 10 und 15° C. Je kälter es wird, umso langsamer entwickelt sich der Wein.
Nähert sich die Luftfeuchtigkeit 75%, kann verhindert werden, dass die Korken austrocknen, andernfalls könnte der Inhalt ausfliessen und/oder oxidieren. Allerdings könnten eine höhere Luftfeuchtigkeit und/oder eine unzureichende Luftzirkulation zuweilen die Etiketten beschädigen, die sich mit der Zeit auflösen oder durch Einwirkung von Schimmel unleserlich werden.
Sammler:innen, die besonders darauf achten, den perfekten Zustand ihrer Weine zu erhalten, sollten die Flaschen sinnvollerweise in Frischhaltefolie einwickeln oder in Schutzhüllen geben.
© Dmitry Limonov
Weinkühlschränke
Diese Lösung erfreut sich bei all jenen, die über keinen Naturkeller verfügen, zunehmender Beliebtheit. Diese Geräte dienen der Aufrechterhaltung einer konstanten Temperatur, die meist zwischen 10 und 18° C liegt. Ausserdem bieten sie eine gewisse Feuchtigkeitskontrolle. Sie sind perfekt für Personen, die geringere Mengen lagern oder jüngere Weine kurzfristig aufbewahren möchten. Es empfiehlt sich jedoch der Einsatz eines Luftbefeuchters, wenn Sie in einer sehr trockenen Umgebung leben, zumal die Korken dadurch unversehrt bleiben.
Weinkühlschränke sind zwar praktisch, können die in Naturkellern vorherrschenden Bedingungen allerdings nur annähernd herstellen. Dies betrifft insbesondere die langsamen Temperaturschwankungen und die natürliche Belüftung, die beide gleichermassen die Entfaltung des Produkts positiv beeinflussen.
Diese Art der Lagerung von Weinvorräten ist als eine Art Tageslichtkeller in unmittelbarer Nähe der Wohnbereiche auch sehr praktisch, um stets einige Flaschen in Reichweite zu haben. Der Weinkühlschrank stellt demnach eine Ergänzung zum Weinkeller zur Langzeitaufbewahrung dar und kann auch Gastronom:innen bei betrieblichen Stosszeiten einen echten Mehrwert bieten.
Lagerung in adaptiertem Wohnraum
Eine weitere Möglichkeit, die als Zwischenlösung zwischen den vorab genannten Optionen anzusehen ist, besteht in der Einrichtung eines Weinlagers in einem Raum Ihrer Wohnung.
Es ist natürlich ratsam, das ganze Jahr über die Faktoren Temperatur und Feuchtigkeit zu kontrollieren, auch wenn andere Eingriffe ausbleiben. So kann festgestellt werden, ob die Notwendigkeit für Dämmung, Luftbefeuchtung oder Klimatisierung besteht.
Der regelmässige Schnitt der meisten Räume begünstigt die Wahl modularer Einrichtungssysteme (im Vergleich zu massgefertigten) und die optimale Nutzung der Flächen in Bezug auf die Anzahl der Flaschen je Kubikmeter.
Unabhängig von der gewählten Lösung gilt es, direkte Lichteinwirkung und Erschütterungen zu vermeiden, denn diese könnten den Wein beeinträchtigen.
Die Lagermethode ist abhängig von der jeweiligen Weinsorte …
Ursprüngliche Weine, die ohne grosse Eingriffe und ohne Zusatzstoffe und Ähnliches hergestellt werden, erleben seit gut einem Jahrzehnt besonders im städtischen Raum einen Boom. Ich erwähne diese Art von Wein, da hier im Zusammenhang mit Transport, Lagerung und Reifung hohe Anforderungen gelten, um die in wesentlich geringerem Ausmass eingesetzten Mengen an Dioxid und Schwefel auszugleichen.
Die Situation ist vergleichbar mit einem Sonnenbad unter Verwendung einer Sonnenschutzcreme mit Faktor 50 gegenüber einer mit Faktor 10. Im ersten Fall ist das Sonnenbrandrisiko selbst nach einem Tag in der prallen Sonne gering. Im zweiten Fall läuft man bei gleicher UV-Strahlung Gefahr, tatsächlich Verbrennungen davonzutragen!
In diesem Zusammenhang erfordern naturnah erzeugte Weine trotz vorhandener Stabilität mehr Sorgfalt bei der Aufbewahrung. Kältezyklen und konstante Temperaturen sind zu berücksichtigen, wenn man vermeiden will, dass die Aromen Schaden nehmen oder der Wein vorzeitig schlecht wird.
Oxydatif Weine
Ein absolut entgegengesetztes Beispiel ist jenes der oxidativ ausgebauten Weine. Diese sind für mehrmonatige Reisen zwischen Meeren und Ozeanen konzipiert und umfassen etwa Madeiraweine, Tawny Portweine und dergleichen. Sie könnten diese Art von Wein erforderlichenfalls auch für Jahrzehnte in einem Sideboard Ihres Esszimmers aufbewahren, ohne dass sie in irgendeiner Weise Schaden nehmen würden.
Wesentlich ist daher zu ermitteln, welcher Keller sich ideal für ein bestimmtes Produkt eignet!
Da diese Akkuratesse Zweifel aufkommen lassen oder zu Diskussionen führen könnte, sollten Sie bereits beim Kauf die Produzent:innen selbst oder die Weinhändler:innen Ihres Vertrauens um Rat bezüglich der geeigneten Aufbewahrung fragen.
Fazit
Die Art, wie Sie Ihre Weine am besten lagern, hängt von mehreren Faktoren ab: dem Umfang und Zweck Ihrer Sammlung, Ihrem Budget und natürlich Ihren Konsumgewohnheiten.
Als sinnvolle Investition für begeisterte Sammler:innen, die Ihre Weine direkt beim Weingut kaufen, um sie dann selbst reifen zu lassen, könnte sich ein traditioneller Weinkeller oder ein auf den Weinkeller abgestimmtes Klimasystem erweisen.
Und sollte Ihnen keines der Aufbewahrungssysteme zusagen, können Sie sich immer noch für den Kauf bereits trinkreifer Weine entscheiden. Oder Sie trinken ganz einfach junge Weine, wenn das Ihrem Geschmack entspricht.
Durch die optimale Aufbewahrung eines Weines bewahrt man über die Zeit nicht nur seine Qualität, sondern gibt ihm auch die Möglichkeit zur Entfaltung. So kann er hinsichtlich Aromatik und Geschmack sein gesamtes Potenzial zum Ausdruck bringen!
Der Genuss eines Weines, der an seinem Höhepunkt angelangt ist, erlaubt uns zu verstehen, warum sich das Warten gelohnt hat … Und all jene mit ausgeprägtem Sinn für Schönes sollten bedenken, dass ein eigens gestalteter Weinkeller nicht nur ein Lagerraum ist, sondern eine wahre Schatzkammer!
Zum Wohl!