Meisterliche Weintastings
Einleitung
Willkommen im faszinierenden Universum der Weindegustation! Der vorliegende Beitrag richtet sich an informierte Weinliebhaber sowie wissbegierige Einsteiger. Er stellt eine sukzessive Einführung in die Kunst der professionellen Weindegustation dar. Im Anschluss werden Sie jeden Schluck tatsächlich mit allen Sinnen geniessen können.
Vor der Degustation
1. Temperatur und Luftfeuchtigkeit
Zunächst gilt es sicherzustellen, dass der zentrale Faktor Weintemperatur weitestgehend konstant bleibt. Ein zu kühler Wein verliert an Aroma, während ein zu warmer Wein einen unausgewogenen Eindruck hinterlassen kann. Die optimale Temperatur für Rotweine liegt zwischen 10 und 18° C. Weiss- und Roséweine entfalten sich bei Temperaturen zwischen 8 und 12° C, Schaumweine zwischen 8 und 10° C.
Aperitifweine, weiss und rosé: 8 – 10° C
Gourmetweine, weiss und rosé: 10 – 12° C
Weisse Likörweine: 8 – 12° C
Rote Aperitifweine: 12 – 14° C
Tanninhaltige Rotweine: bis 18° C
Rote Likörweine: 10 – 12° C
Schaumweine: 8 – 10° C
Ein weiterer bedeutender Aspekt in Zusammenhang mit der Lagerung des Weins ist die Luftfeuchtigkeit. Ist die Luftfeuchtigkeit in Ihrem Weinkeller unzureichend, können die Flaschenkorken austrocknen, wodurch der Wein oxidiert und verdunstet. Der optimale Feuchtigkeitsgehalt in der Luft liegt zwischen 70 und 80 %.
2. Gerüche von Aussen
Achten Sie darauf, die Degustation in einer geruchsneutralen Umgebung durchzuführen. Gerüche im Nahbereich können Ihre Wahrnehmung des Weins beeinflussen. So etwa wird davon abgeraten, Parfum aufzutragen oder im Vorfeld der Degustation zu rauchen. Sollten Sie vor lauter Aromen einmal die «Nase voll haben», stellt das Riechen an Kaffeesatz eine wirksame Methode zur Neutralisierung Ihres Geruchssinns dar.
3. Gläser
Je nach Art des Weins das passende Glas auszuwählen, spielt bei jeder Degustation eine massgebliche Rolle. Die volle Aromatik von Rotwein entfaltet sich am besten in grossen Gläsern. Beim Genuss von Weissweinen sollten Sie zu einem Glas mittlerer Grösse greifen. Ein zu voluminöses Glas kann die Intensität der Aromen auf Kosten der Frische steigern. Im Gegenzug bleibt in einem zu kleinen Glas zwar die Frische erhalten, die Entwicklung der Aromen wird jedoch eingeschränkt. Im Zuge der Degustation von Schaumweinen kann man durch das als Flöte bezeichnete hohe, schmale Glas die Bläschen beobachten. Zur Degustation wäre jedoch auch hier ein Weissweinglas zu bevorzugen, da dessen Form die Wahrnehmung der einzelnen Aromen begünstigt. Darüber hinaus gibt es zu jeder der zu degustierenden Rebsorten (Pinot, Cabernet, etc.) auch das passende Glas.
4. Belüftung
Lassen Sie den Wein atmen. Das gilt vor allem für junge oder komplexe Rotweine. So werden die Aromen aufgeschlossen und die ganze Fülle und Tiefe der einzelnen Geschmacksnuancen kommt zum Ausdruck. Als Belüftungsmethode eignet sich einerseits das Dekantieren, andererseits kann der Wein auch direkt im Glas geschwenkt werden. Flüchtige Bestandteile werden somit ausgeleitet und die Tannine werden weicher, was den harmonisch-angenehmen Eindruck am Gaumen verstärkt. Man kann einen Wein auch karaffieren. Dieses Verfahren kommt insbesondere robusten Rotweinen mit viel Struktur zugute, wenn die Sauerstoffzufuhr dazu beiträgt, die komplexen Geschmacks- und Aromenschichten freizusetzen, die sich hinter der Jugendlichkeit des Weins verbergen. Das Atmen des Weins ist kurzum eine Schlüsselphase, die den jeweiligen Charakter und das Potenzial vollumfänglich zur Geltung bringt.
5. Handhabung des Glases
Auch die korrekte Handhabung des Glases sollte schliesslich nicht unterschätzt werden. Erinnern sollte man sich stets an diese beiden wichtigsten Punkte: Um eine Erwärmung des Weins zu vermeiden, sollte man das Glas am Fuss halten. Der Glaskörper selbst ist tabu, um unschöne Fingerabdrücke zu vermeiden.
Hauptphasen der Degustation
1. Das Auge
Das «Wein-Kleid»
Der Begriff «robe» umfasst sämtliche optischen Merkmale des Weins, darunter Farbe, Intensität und Brillanz. Ferner ist auch der Aspekt Viskosität ein fester Bestandteil der Weinoptik. Die visuelle Charakteristik des Weins liefert wertvolle Hinweise zu unterschiedlichen Gesichtspunkten wie Alter, klimatische Bedingungen im Rebberg und Weinherstellungsverfahren. Das farbliche Naturell eines Weins ist demnach ein zentraler Indikator zum besseren Verständnis seines Charakters und seiner Entstehungsgeschichte.
Tränen
Die sogenannten Tränen an der Innenwand des Weinglases lassen Schlüsse auf Körper und Alkoholgehalt des Weins zu. Sie bilden sich beim Schwenken des Glases und weisen auf Alkohol- und Zuckergehalt hin. Je dicker und zähflüssiger die Tränen sind, umso höher sind Alkohol- und Glyceringehalt im Wein, was wiederum auf einen volleren Körper und eine gehaltvollere Textur schliessen lässt. Sind die tränenförmigen Schlieren hingegen zarter und verlaufen schneller, dann enthält der Wein vermutlich weniger Alkohol, ist oftmals leichter und spritziger. Das Beobachten der Tränen liefert also bereits vor dem Verkosten einen ersten Eindruck von Stil und Struktur des Weins.
Partikel - Filtrationsgrad
«Das Vorhandensein von Partikeln kann als Indiz für ein natürliches und weniger invasives Herstellungsverfahren dienen. Häufig ist dies ein Ergebnis von Weinbereitungsmethoden, bei denen Filtration und Klärung weggelassen oder minimiert werden, um Authentizität und Komplexität des Geschmacksbildes des Weins zu erhalten. Diese Partikel können zudem auf eine umweltfreundliche Produktionsphilosophie hindeuten, welche auf den minimalen Einsatz von Zusatzstoffen und chemischen Verfahren setzt. Zusammengefasst können Partikel im Wein als Qualitätsmerkmal und Hinweis auf die Bevorzugung traditioneller und ökologischer Erzeugungsverfahren angesehen werden.»
2. Die Nase
Erste Geruchsprobe
Beginnen Sie Ihr Degustationserlebnis, indem Sie am Wein riechen, ohne das Glas zu bewegen. Dieser erste Schritt ist entscheidend, um ungewöhnliche Gerüche auszumachen. Korkgeschmack könnte beispielsweise ein Anzeichen für einen mangelhaften Wein sein. Im Zuge dieser olfaktorischen Prüfung können selbst die flüchtigsten und subtilsten Aromen im Wein wahrgenommen werden. Die zarten Nuancen, die sich oftmals hinter den nach dem Schwenken zutage tretenden ausgeprägteren Duftnoten verbergen, bieten einen ersten kostbaren Eindruck und können Komplexität und Raffinesse eines Weins offenlegen. Dieses systematische Vorgehen ist unabdingbar, um das aromatische Profil des Weins vollständig und differenziert würdigen zu können.
Zweite Geruchsprobe
Schwenken Sie das Glas leicht und stecken Sie Ihre Nase daraufhin ins Glas. Nun erhalten Sie Zugang zu einer breiteren Aromenpalette, die je nach Art des Weins an reife Früchte, Gewürze, Blumen oder Holz denken lässt. Die Aromen des Weins lassen sich in drei Gruppen einteilen: Mit der terroirabhängigen Rebsortencharakteristik in Zusammenhang stehende Primäraromen; während Gärung und Reifung entstehende Sekundäraromen; und sich durch die Alterung des Weins bildende Tertiäraromen. Nur anhand der Erforschung der Aromatik kann das Bouquet des Weins in all seinen Facetten erlebt werden. Sie gibt auch einen Vorgeschmack auf die im Rahmen der Geschmacksprüfung zu entdeckenden Nuancen.
3. Der Gaumen
Erster Eindruck
Diese anfängliche Erfahrung stellt sich häufig als Mischung zwischen Säure, Süsse, Bitterkeit und Salzigkeit dar, wobei jedes Element dem Geschmacksprofil des Weins eine unvergleichliche Note verleiht. Die Säure kann das Empfinden von Frische und Lebendigkeit verstärken und bedingt die Ausgewogenheit des Geschmacksbildes. Die Süsse stammt vielfach vom Restzuckergehalt, kann die Säure mildern und für Harmonie sorgen. Die in der Regel äusserst dezente Bitternote macht den Wein komplexer, während die weniger oft vorhandene Salzigkeit insbesondere bei bestimmten von ihrem Terroir geprägten Weinen eine Rolle spielen kann. Gemeinsam schenken diese Elemente die erste ausschlaggebende Geschmacksimpression im Mund. Sie kann ein Hinweis auf die allgemeinen Qualitätsmerkmale des Weins sein.
Mundgefühl
Um Körper und Textur des Weins eingehender zu analysieren, sollten Sie den Fokus auf die sensorischen Eigenschaften im Mund richten. Ist der Wein leicht, rund oder tanninreich? Ein Wein kann als leicht bezeichnet werden, wenn er dünnflüssig und dezent ist und am Gaumen keinen übermässigen Eindruck hinterlässt. Ein runder Wein wird als weich mit geschmeidigen Tanninen und vollmundig erlebt. Tanninhaltige Weine bieten hingegen ein eher trockenes, herbes Mundgefühl und eine kräftigere Struktur. Textur und Körper eines Weins sind Zeugnis seines Stils, der Rebsorte und der angewendeten Weinbereitungsverfahren. Die sensorische Prüfung ermöglicht eine bessere Beurteilung der Komplexität und Qualität des Weins.
Abgang
Ein langer Abgang ist ein Schlüsselkriterium bei der Bewertung eines Weins. Ein hochwertiger Wein hinterlässt auch nach Abschluss der Degustation einen nachhaltigen und angenehmen Eindruck. Diese Persistenz spricht für die Qualität und Komplexität der Aromen. Durch sie kommen die einzelnen Nuancen nach und nach zum Ausdruck und schenken umfassende und vielfältige Geschmackserlebnisse. Der lange Abgang hat nicht nur mit Sinnesfreuden zu tun. Er ist darüber hinaus auch ein Indiz für Ausgewogenheit, Struktur und Harmonie. Ein Wein mit langanhaltendem Abgang ist häufig das Resultat sorgfältiger Herstellung und weist ein günstiges Reifepotenzial auf. Die Masseinheit für die Nachhaltigkeit des Geschmackseindruckes am Gaumen ist «Caudalie».
Fazit
Meisterliche Weintastings gelingen, wenn man sich jedem Schritt aufmerksam und geduldig widmet. Vergessen Sie dabei nicht, dass eine Degustation eine individuelle und subjektive Erfahrung darstellt. Das Allerwichtigste ist jedoch, dass Sie Spass haben und Neues entdecken. Zum Wohl!